Überman: Das Hörbuch

Der „Vollidiot“ war ja schon immer die Lektüre für Fremdschämer – Tommy Jaud hat das wirklich drauf, auch in seinen anderen Romanen, deren Kauf meinerseits er anfangs dem Lokalbonus verdankte (er ist selbst Franke & baut Anekdoten und Orte immer wieder mal ein; „Resturlaub“ wurde sogar teilweise in meiner Lieblingsstadt Bamberg verfilmt). Über die Verfilmung kann man sich sicherlich streiten, auch der zweite Teil „Millionär“ kam mir etwas langatmig vor, aber die kürzlich erschienene Fortsetzung „Überman“ habe ich mir trotzdem wieder gekauft. Über den Rezensionsexemplar-Service von bloggdeinbuch.de bin ich jetzt auch an die Hörbuchfassung geraten, die mich in den letzten Wochen auf Spaziergängen und Autofahrten begleitet hat.
Einige Rezensenten beispielsweise auf Amazon.de vermissen an dieser Ausgabe vor allem einen: Christoph Maria Herbst, der bis jetzt dem „Vollidioten“ und auch Pitschi Greulich seine Stimme geliehen hat (und, das ist angesichts des Erdmännchens in Jauds „Hummeldumm“ bestimmt kein Zufall, kürzlich dem Erdmännchen-Krimi „Ausgefressen“ von Moritz Matthies).
Das kann ich so nicht in allen Belangen nachvollziehen – ja, CMH ist wirklich genial und hat ein fantastisches, genau passendes Stimmenrepertoire (und ich schmeiß‘ mich immer noch weg, wenn ich ihn im Abspann zu „Hui Buh“ hallervordensch parlieren & „hö, hö“ machen höre). Aber wenn ich statt seiner eine Lesung durch den Autoren persönlich bekomme, der selbstverständlich nicht nur ganz genau weiß, wie er sich welche Textpassage gedacht & welche Stimme er dabei in seinem Kopf gehört hat, sondern das auch wirklich nicht untalentiert rüberbringt (nicht alle Autoren sind ja bekanntlich mit der Gabe gesegnet, ihre höchsteigenen Texte auch adäquat zu Gehör zu bringen), da – ich muss eine der fränkischsten aller Redensarten und das höchste Lob aus unseren Landen doch mal anbringen – „ko mer doch nix sog’n, des basst scho'“.
Worum geht’s nun eigentlich? Genau genommen um nichts anderes als den Weltuntergang 2012. Ach richtig, der ist ja ausgefallen. Diesbezüglich kann man Tommy Jaud geradezu prophetische Qualitäten attestieren, denn (und ich glaube, das kann man verraten, ohne dass es als „Spoiler“ gelten muss) auch in dem Roman geht die Welt nicht unter. Nicht so wirklich jedenfalls. Aber das bedeutet nicht, dass man nicht geradewegs auf die Katastrophe zusteuert & sich das auch so anfühlt… Doch von vorn: Nachdem ihn sein griechischer Finanzberater in die Misere gesteuert hat (OK, das ist natürlich nicht ganz vorurteilsfrei) muss der somit Ex-Millionär Simon Peters wieder in die schwarzen Zahlen kommen – das Finanzamt will auch noch eine nicht unbeträchtliche Nachzahlung, und Simons Liebchen Annabelle eine Fortbildung zur Weinfachfrau finanziert haben. Über ein paar missglückte Versuche & logische Verwindungen läuft das Ganze nicht nur darauf hinaus, dass man Jamie Oliver verklagen muss, weil bei seinen 30-Minuten-Menüs schon die Besorgung der Zutaten tagelang dauern kann – sondern auch darauf, dass Simon, um die Gunst seines Freundeskreises wiederzuerlangen, den er sich diesmal wirklich gründlich verprellt, nichts anderes tun muss als sie in einer Wahnsinnsaktion in einen Weinkeller einzubunkern, damit sie den Weltuntergang überleben – ob sie nun wollen oder nicht. Klingt kompliziert? Natürlich ist es das. Aber alles kein Problem dank der Überman-Technik (Thomas Alva Edison! Nikola Tesla! Leonardo Da Vinci! Simon Peters!), mit der man nur 2 Stunden Schaf pro Tag benötigt, die mehr oder minder geschickt über den Tag zu verteilen sind… Die Tour de Force, in die einen der Autor so mit seinem Protagonisten hineinreitet, lebt außerdem vom Wiedersehen mit der Stammbesetzung, z.B. Simons Reinigungsfachkraft Lala (die Beschreibung ihrer Fleischtaschen macht mich neugierig auf den zufällig bei mir um die Ecke neu eröffneten Pleskavica-Stand, obwohl Simons Kommentare eher geschäftsschädigend wirken dürften) oder dem seine Patienten in der 3. Person anredenden Dr. Parisi.
Was Jaud noch immer nicht so im Griff hat, sind dagegen die logischen Übergänge zwischen den aberwitzigsten Einfällen – was bei Douglas Adams, der in seinen (Anhalter-)Romanen ähnlich assoziativ vorgegangen ist, wirklich gut funktioniert, wirkt bei Tommy Jaud doch oft „nur“ bemüht. Dennoch zünden genügend Pointen, dass man sich doch recht gut unterhalten fühlen kann – wenn man sich eben vorher bewusst macht & darauf einlässt, es hier nicht mit einer allzu stringenten Handlung zu tun zu haben, sondern einer Reihe von „Momentaufnahmen“.
Mein Fazit: Mit dem richtigen Sinn für Humor durchaus aufgerundete 4 von 5 Sternen (meiner – ebenfalls nicht mit allen Rezensenten geteilten – Meinung nach besser als der “Millionär”, dem ich nur 3 bis 3,5 geben würde; liegt vielleicht daran, dass ich ihn damals an Thommie Bayers wirklich gelungener „Kurzen Geschichte vom Glück“ – ebenfalls mit „Plötzlich Millionär“-Thematik – gemessen habe).
Vielen Dank wie immer an bloggdeinbuch.de und den Argon-Verlag für die Zurverfügungstellung eines Rezensionsexemplars!

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